Gratis – Mundhygiene für Kinder und Jugendliche ist an sich zu begrüßen
In Österreich sind leider vor allem gerade ältere und sozial schwache Bürger, durch in den letzten Jahren zu stark erhöhte Selbstbehalte für Zahnersatz weiterhin massiv benachteiligt obwohl in Österreich essen zu können ein Grundrecht sein sollte.
Kostete eine Totalprothese über die NÖGKK 2009 dem Patienten knapp über 200 Euro, werden nun von den Patienten bereits 511,20 Euro verlangt. Hatte die Kassa 2009 noch fast 600 Euro bezahlt, ist der jetzige Zuschuss auf rund 300 Euro geschrumpft. Mindestpensionsbeziehern aus Österreich wird das Leben schwergemacht, sie müssen sich ihre Prothese tatsächlich vom Mund absparen. Und das sollte in einem Sozialstaat einfach wirklich nicht sein.
Der Vorschlag von Bundeministerin Rendi-Wagner, eine Gratis-Mundhygiene für Kinder und Jugendliche einzuführen, sei an sich zu begrüßen, so DDr. Gerald Jahl, Kieferchirurg, Implantologe, praktischer Arzt und Zahnarzt aus Eggenburg/NÖ, allerdings greife der Vorschlag zu wenig weit: “In der Zahnmedizin sind aber vor allem ältere und sozial schwächere Schichten stark benachteiligt – mit verheerenden Folgen. Bei allem Respekt für Gratis-Kinderbehandlungen, wir dürfen in Österreich nicht auf die ältere Generation vergessen, von denen sich viele keinen adäquaten Zahnersatz mehr leisten können. Essen können ist ein Grundrecht, zumal über 25% der Personen über 65 Jahre zumindest in 1 Kiefer zahnlos sind.“
DDr.Jahl weiter:“ Was wir wissen ist, dass über 50% dieser Art von Zahnersatz nicht optimal funktioniert und dass 30% der Senioren und 80% der Heimbewohner mangelernährt sind. Und das 2017 in einem Sozialstaat wie Österreich. Eigentlich eine Schande.“
„Holen Sie sich, was Ihnen zusteht. Dieser aktuelle Slogan einer Partei trifft leider nicht auf die unsoziale Situation in der österreichischen Zahnmedizin zu“, ergänzt DDr.Jahl. „ Es ist Zeit“ und „ Österreicher verdienen Fairness“, Wahlkampfpropaganda der anderen Parteien sind leider auch nur als leere Versprechungen, was die Zahnmedizin betrifft, zu bezeichnen.
Aber es geht immerhin um Zähne, Essen können und damit um die allgemeine Gesundheit, die uns schon etwas wert sein sollte.
Der Großteil an älteren Menschen ist leider auf einen einfachen herausnehmbaren Zahnersatz wie einfache Prothesen angewiesen, viele dieser Menschen können sich eine Verbesserung durch Zahnimplantate ja gar nicht leisten, aber gerade diesen sozial schwächeren Menschen wird das Leben durch diesen viel zu hohen Selbstbehalt wirklich schwer gemacht.
DDr. Jahl: „Dieser Selbstbehalt und auch der für Reparaturen von solchen Prothesen sollte abgeschafft werden, zumindest sollte das einkommensabhängig gestaffelt und harmonisiert werden. Der Selbstbehalt für genau diese Art von Therapie wurde in den letzten Jahren einfach stillschweigend massiv erhöht, zum finanziellen und damit auch gesundheitlichen Nachteil der Patienten. Diese „Gesundheitssteuer“ für Kranke und Bedürftige, dieser Missstand sollte sofort per Gesetz abgeschafft werden!“
Dieser Meinung sind auch einige Gesundheitsökonomen und viele Ärzte und Zahnärzte, die auch nicht verstehen können, dass es zusätzlich innerösterreichisch im Bundesländervergleich und zusätzlich innerhalb der unzähligen Krankenkassen erhebliche unnachvollziehbare Unterschiede bezüglich der Höhe der finanziellen Eigenbeteiligung der Patienten gibt. Patienten der GKK erhalten beispielsweise keinerlei Zuschuss auf notwendige Implantatbehandlungen, Patienten der BVA bekommen 350 Euro pro Implantat.
„Es soll nicht sein, dass die Patienten dazu beitragen, dass die Krankenkassen seit 8 Jahren in Folge Gewinne erwirtschaften können“, ärgert sich auch der Präsident der Österreichischen Zahnärztekammer MR Dr.Thomas Horejs in einer aktuellen Aussendung an die Zahnärzteschaft.
Die Gesamtausgaben der Sozialversicherungen für die Zahnheilkunde liegen derzeit bei 5,6 Prozent, Tendenz sinkend. In diesen 5,6 % sind aber bereits kurioserweise die von den Patienten bezahlten Selbstbehalte beinhaltet, somit ist reell davon auszugehen dass sich in Wahrheit die Ausgaben für die Zahnmedizin in den letzten 20 Jahren von 6,0% auf deutlich unter 5% reduziert hat. Die Forderung von DDr. Jahl und vielen KollegInnen: „Leistungen der Zahnmedizin müssen sozial gestaffelt und rückerstattet werden, vor allem für ältere Menschen, die Mindestpension beziehen. Das sind wir unseren älteren Mitbürgern schuldig. Und Österreich sollte endlich imstande sein, den zahnärztlichen Kassenvertrag, der aus 1957 ist, an die moderne Zeit anzupassen.“
Auch das Ergebnis der vom Sozialministerium in Auftrag gegebenen 630.000Euro teuren Studie der „London school of Economics“ spricht von einer empfehlenswerten einkommensabhängigen Staffelung und Harmonisierung, und diese Studie um dieses viele Geld sollte schon recht haben.