Was schreibt er jetzt wieder der Jahl? Lass Dich überraschen? Ungarn?
Okay, ich erkläre es Euch, kurz und bündig. Dazu muss man aber wissen, dass ich persönlich Ungarn, unser östliches Nachbarland, wirklich liebe und schätze. Vor allem das Essen und die Menschen dort. Seit voriger Woche bin ich sogar offiziell dort gemeldet mit meinem Nebenwohnsitz in Fertörakos, ehemals Kroisbach. ( habe das jetzt nämlich echt lange vergessen, aufgeschoben, vergessen,…) Ich bin also oft dort, kenne Land und Leute und bin sicher kein Ungarnfeind, und auch, eh klar, kein österreichischer Behandler, der sich über ungarische Arbeiten auf dem Gebiet der Zahnbehandlungen aufregt. Nein! Ich verstehe Menschen, dass sie sich ins Ausland begeben um günstiger schönen und neuen Zahnersatz zu bekommen. So ist der Mensch, dass man sich auch Alternativen sucht, das ist legitim, absolut legitim. Patienten können aber leider Qualität und verwendete Materialien auf dem Gebiet des Zahnersatzes nicht beurteilen, und man kann auch Äpfel mit Birnen nicht vergleichen. Deshalb neigen viele Menschen dazu einfach das billigere Angebot anzunehmen, und das ist in der Regel in Ungarn. Ganz Ungarn? Nein! In Budapest kosten Zahnbehandlungen exakt soviel wie bei uns in Niederösterreich. Die supergünstigen Preise gibt es eh nur in Sopron und in Mosonmagyaróvár (unaussprechlich!), also gleich nach der Grenze. Aber genug davon. Ich rege mich nicht darüber auf, einfach deshalb, weil es traurige Wahrheit ist, dass auch in Österreich sehr selten, aber manchmal eben doch, nicht wirklich besser als in Ungarn gearbeitet wird. Das muss auch einmal ehrlich gesagt werden. Mindere Qualität, schlechte Planung und Durchführung, schlechtere Materialien, ist bei uns sicher nicht die Regel, aber eine vorkommende Tatsache. Traurig, aber manchmal wahr.
Aber nun zurück zur Geschichte, zur eigentlichen Geschichte. Ein etwa 50-jähriger sympathischer Mann aus Wien war vorige Woche bei mir zur Beratung. Er erkundigte sich wegen All-on-4, unserem Spezialgebiet. Nach einer Untersuchung seiner Situation, stellte ich ihm erstaunt die Frage, warum er sich dafür interessiere, weil er offensichtlich eine relativ neue Arbeit im Oberkiefer im Mund hatte. Das besondere an der Arbeit, also am Zahnersatz war, dass es eine Rein-zirkonbrücke war. Diese Brücke war auf einigen bestehenden eigenen Zähne zementiert. Und dieses Zirkon in dieser Art gibt es noch nicht so lange, und ist keine alltägliche Behandlungsart, weil es wirklich etwas Besonderes ist. In Österreich auch wirklich teuer, das muss ich gestehen. Zirkon ist eine metallfreie Keramik, also gänzlich metallfrei. Zirkon hat die Eigenschaft, weil nur weißer Bestandteil, dass es ästhetisch echt hervorragende Eigenschaften hat, sich im Farbenspiel mit der rötlichen Schleimhaut des Mundes ein wirklich schönes und extrem natürliches Ergebnis entstehen kann. Zusätzlich wird eine Zirkonarbeit ganz modern und präzise mit CAD-CAM Technik hergestellt, also auch diesbezüglich die beste derzeit bestehende Möglichkeit ist, Zähne zu rekonstruieren. Viele Zahnärzte in Österreich haben noch nie eine solche Arbeit gemacht, weil sehr modern und gut, aber eben auch sehr kostspielig. Also an sich toll und zeitgemäß von den Ungarn gemacht, möge man denken.
Nachteil von Zirkon? Ja, den gibt es! alles hat auch immer Nachteile. Wenn etwas absplittert, und das kann bei Zirkon immer noch echt passieren, dann ist die Arbeit kaputt, weil man Zirkon einfach nicht reparieren kann. Noch ein Nachteil, aber auch Vorteil: Zirkon ist extrem hart! Und ich meine echt hart. So hart, dass man so eine Arbeit, wenn man gezwungen ist sie herunterzunehmen, das nur schafft, wenn man sie herunterschneidet. Leider gibt es keine Bohrer dafür, deshalb ist sowas voll mühsam und dauert sehr lange und ist für beide Seiten echt anstrengend, für Patient und Zahnarzt. Das ist unter Zahnärzten sicher eine der unbeliebtesten Tätigkeiten eine Zirkonbrücke zu zerschneiden, das müsst ihr wissen. Das will keiner freiwillig machen.
Aber die Farbe war halt das Super Viktor Klima- Weiß, das ihr sicher alle kennt. Dieses extrem auffällige reine durch und durch- Weiß, welches in der Natur ja gar nicht vorkommt in Österreich, in Ungarn aber sehr beliebt ist. (Deshalb hatte ich sofort den Verdacht, dass die Arbeit aus Ungarn war, was der Patient auch bestätigte. Und: Die Arbeit war erst knapp 3 Jahre alt, das erfuhr ich auch noch.)
Also einfach zu weiß! Zusätzlich halt wirklich lieblos und ohne Lebendigkeit. All das kommt am Foto so leider gar nicht wirklich heraus. Aber ihr könnt es mir glauben! Die Größe und Form der Zähne passt einfach nicht zum Gesicht und zur Nase, die Farbe ist unharmonisch und fast steril, weil alles im selben Farbton ist. Ganz zufrieden wird der Patient wohl nicht sein und auch nicht gewesen sein, wenn man fast leuchtet in der Nacht und wenn dich ein jeder auf deine Zähne anspricht. Aber manche Menschen wollen das und jeder darf ja tun, was er will. Das heißt also: Vom Material und von der Technik her eine sehr tolle und aufwändige Sache, da gibt’s kein Meckern, die Ausführung leider optisch mangelhaft, aber ok, sowas kann dir in Österreich auch passieren. Aber der Patient kam ja nicht zu mir um sich bewundern zu lassen, Nein, es gab andere Gründe.
Schmerzen waren sein Problem. Schmerzen seit über 1 Jahr. Das hatte ich mir schon gedacht, denn bei der Untersuchung bemerkte ich, dass man mit der Sonde an vielen Stellen dieser Brücke, die noch dazu ein einziges Werkstück war, hängenblieb und es sofort blutete. Damit war bewiesen, dass der Abschluss zwischen Zahnersatz und Zahn an mehreren Stellen mangelhaft war und dadurch Karies entstanden war, welches die Situation noch verschlimmerte. Da kann in so einem Fall der Patient gar nix dafür, weil die Schmutznischen durch ungenaues Arbeiten so groß wie Scheunentore sind und einfach nicht zu reinigen sind, auch wenn man sich bemüht geht das einfach nicht. Ab zum 3-D Röntgen, das war mein Vorschlag. Wir wollten wissen, wie schlimm es wirklich war.
Gut. Nach ein paar Minuten war die Computertomographie fertig und wir konnten uns die ganze Wahrheit einmal nüchtern anschauen. Der Zahnersatz bestand aus 14 Zähnen, der auf 8 eigenen verbliebenen Zähnen befestigt war. Also eine 14-stellige Brücke auf 8 Zähnen. An sich okay, da spricht nix dagegen, sagen meine zahnärztlichen Kollegen, weil ich diesbezüglich ja keine Ahnung habe, da ich ja nicht als Zahnarzt sondern als reiner Implantologe tätig bin. Aber von den 8 Zähnen waren 4 massiv entzündet und gar nicht mehr im Kieferknochen stehend, diese 4 Zähne hätte der Patient schon längst von alleine verloren, wenn sie nicht durch eben diese langstreckige zusammenhängende Brücke zusammen hängen würden. Und klar tut sowas weh! Wenn 4 Zähne nur noch im Eiter stehen und dieses auch absondern, wenn man leicht ankommt. Ich habe also endlich verstanden, warum er nun bei mir war und meinen Rat und meine Hilfe wollte.
Traurig ist aber Folgendes: Natürlich hat man dem Patienten gesagt, dass er eine Garantie auf diese Arbeit hat. Also eine Gewährleistung, die überall einmal 2 Jahre beträgt. In Ungarn hat man ursprünglich sogar damals gesagt, dass es 5 Jahre Garantie geben würde. Aber kurz nach diesen besagten 2 Jahren war der Patient also in Ungarn in seinem Institut in Sopron, um seinem Zahnarzt mitzuteilen, dass er Schmerzen hätte und dass da dauernd Eiter käme. Das muss er aber schon am Empfang sagen, wo meistens junge Damen mit kurzen Röcken sitzen. Da läuten dann bei denen schon die Alarmglocken und es wird eine weitere Dame mit ein bissl längerem Rock geholt. Diese Dame erklärte dem Patienten dann: “ Lieber Patient. Schön, dass Sie wieder bei uns sind, schade aber, dass es wegen angeblichen Problemen ist. Leider ist genau Dr. XY, der Zahnarzt, der sie behandelt hat, nicht mehr bei uns. Er ist angeblich nach Dänemark gegangen. Jedenfalls ist er nicht mehr bei uns. Zu der Zeit, als sie behandelt wurden von ihm, hatte er einen Sondervertrag, also das heißt, dass er eigentlich gar nicht bei uns angestellt war, sondern, dass er eigenverantwortlich tätig war. Ja, und jetzt ist er leider nicht mehr da, nicht einmal mehr in Ungarn. Also wir als Institut sind da ganz unschuldig, wir können nix dafür. Leider ist es jetzt so, dass ihre 2-jährige Garantie auch schon abgelaufen ist, weil das ja schon vor fast 3 Jahren war. Wir können ihnen nur anbieten, dass wir uns die Sache ansehen, alles neu machen und das zu unseren ganz speziellen neuen Tarifen für Stammgäste. Und wir haben da wirklich gute Preise, da kommt niemand mit. Versprochen.“
Der Patient ließ sich untersuchen von einem Zahnarzt dort, der ihm auch noch erklärte, dass er leider Parodontitis und schlechten Knochen habe, und genau diese Kombination hat diesen Zustand erzeugt. Zusätzlich musste sich der Patient anhören, dass das ganze Karies seine Schuld war, weil er eben zu wenig und ungenügend seine Zähne geputzt hatte. Böser Patient!!! Einfach so eine neue Brücke machen, das gehe aber leider auch nicht. Man braucht jetzt nämlich noch 4 Implantate dazu, 2 davon mit Knochenaufbau. All das wird aber sicher zum bestmöglichen Preis gemacht. „Und wir haben wirklich gute Preise, da kommt niemand mit.“, sagte der Zahnarzt, der neue Zahnarzt. Und irgendwie hat dann der Patient gespürt und bemerkt, dass diese ganze Geschichte, dort alles noch einmal machen zu lassen, eher ein bissl unsicher und mittlerweile auch schon ein bissl insgesamt teuer ist. Und er hat sich ins Auto gesetzt und ist heim nach Österreich. Und dann irgendwie zu mir, in der Hoffnung, dass alles gut werden würde, wobei er vor mir schon bei 2 österreichischen Zahnärzten in Wien war, die ihm aber nicht helfen konnten (oder wollten?)
Der Jahl schlägt also die Hände zusammen und ist verzweifelt. Erstens weil immer noch genau so mit Patienten umgegangen wird, immer die gleiche Masche. Andererseits weiß der Jahl, dass Zirkon echt hart ist, dass es voll mühsam sein wird, das alles runter zu schneiden, und dass die Situation eine schwierige ist, weil der Jahl einfach auch ein bissl faul ist und sich das gar nicht antun will. Geraten habe ich ihm, noch einmal nach Ungarn zu fahren mit meiner Untersuchung des 3D-Röntgens und noch einmal ein Gespräch zu suchen, ob nicht doch eine Chance wäre, alles im Einvernehmen lösen zu können. Weil das für den Patienten das Beste wäre, auch finanziell betrachtet. Das ist die Wahrheit, weil, und da hat der neue ungarische Zahnarzt absolut recht, es ohne Implantate nicht mehr geht eine feste Brück zu machen. Aber leider ist eben wegen den Entzündungen einfach kein Knochen mehr da.
Mich ärgert halt wirklich, dass das alles nicht zusammenpasst. Zirkon als hervorragende Geschichte, als hochqualitative Lösung, passt nicht zur stümperhaften fahrlässigen Arbeit des Zahnarztes an sich, da ist ein Widerspruch. Denn was die 4 Zähne betrifft, die jetzt praktisch verloren sind: genau diese Zähne müssen bei der Anfertigung bereits beherdet gewesen sein, sind mit Sicherheit schon so gewesen, dass jeder verantwortungsvolle Zahnarzt gesagt hätte, das man so eine Arbeit auf diesen Zähnen nicht machen kann und nicht darf. Es wurde erkannt, da bin ich mir sicher, aber trotzdem eine Arbeit darauf gemacht, ganz absichtlich mit Vorsatz. Einfach weil alles, sei es noch so schlecht, 2 Jahre Minimum hält, wenn es sich um Zähne handelt. Und genau das ist der Vorwurf, und genau das ärgert mich und viele andere Behandler hier in Österreich. Und wir Österreicher als Patienten sind so blauäugig und gutgläubig und merken das nicht. Merken nicht, dass wir beschissen werden, voll beschissen. Oft mit echtem Vorsatz. Dieses Konzept geht dort wirklich immer auf, glauben Sie mir. Passt auf euch auf! Glaubt nicht alles, was euch erzählt wird. Fragt nach! Erkundigt euch bezüglich der verwendeten Materialien. Fragt nach Alternativen. Und: lasst euch nicht vom Preis alleine lenken in eurer Entscheidung.
Den Patienten habe ich übrigens in 2 Monaten zu einer Kontrolle bestellt. Einfach um zu sehen, ob die Ungarn ihm nun doch entgegengekommen sind. Falls nicht, werde ich mit dem Patienten eine Lösung finden. Wir lassen ihn nicht im Stich.